Solaranlagen optimal für Ihren Verbrauch

Solaranlagen auf Dächern sind mittlerweile erschwinglich, in Neubauten üblich und in einigen Bundesländern bei Neubauten sogar verpflichtend. Die Wirkung der Anlage kann grob abgeschätzt werden: Nennleistung der Anlage in kWp multipliziert mit 1000 ergibt den jährlichen Ertrag in kWh, dieses abzüglich des jährlichen Verbrauchs ist die Energieeinsparung.

Diese überschlägige Rechnung mag für Marketingzwecke genügen und wird dazu auch oft genutzt, ist aber für eine echte Abschätzung viel zu ungenau und auch irreführend. Denn im Wohnbau ist der Energiebedarf zu der Zeit bei weitem am höchsten, wenn die Sonne kaum scheint: Im Winter. Während die im Sommer gewonnene elektrische Energie mit geringen Vergütungen ins Netz verschenkt wird.

Hier soll eine bessere Abschätzung der Ersparnis erfolgen, die den Verbrauch berücksichtigt und verwendet werden kann, um auch komplexe Solaranlagen, bestehend aus mehreren Strings (Zusammenschaltung gleicher oder ähnlicher PV-Module), zu optimieren.

 

Verfahren, Daten und Modell

Über das European Commission's Joint Research Centre wird das Online-Tool PVGIS (Photovoltaic Geographical Information System (PVGIS)) zur Verfügung gestellt, mit dem verschiedene Berechnungen an Solaranlagen vorgenommen werden können. Dieses beinhaltet einfach Berechnungen und z.B. Prognose monatlicher und jährlicher Erträge einfacher Solaranlagen mit einer festen Ausrichtung und Neigung wie auch den Download stundenaufgelöster Ertragsdaten aus

auswählbaren Jahren für solche Anlagen. Über ein Application Programmers Interface können diese Daten heruntergeladen und weiter verarbeitet werden. In diesen Daten ist enthalten, welchen Ertrag die vorgewählte Anlagenkonfiguration im gewählten Jahr in jeder Stunde erbracht hätte. Eine feinere Auflösung der Daten wäre wünschenswert ist aber nicht verfügbar. Mit einer feineren Auflösung könnten auch leistungsstarke aber nur kurz laufende Verbraucher, wie z.B. Durchlauferhitzer genauer betrachtet werden, diese werden im vorliegenden Modell nur durchschnittlich erfasst.

Die Verbrauchswerte können aus realen Daten ermittelt werden. Da die Anschaffung einer Solaranlage oft mit weiteren Veränderung, wie der Anschaffung eines Elektrofahrzeugs oder einer elektrisch betriebenen Wärmepumpe einhergeht, werden hier nur modellhafte Annahmen gemacht. Diese Annahmen werden ebenfalls im Stundenraster vorgenommen. Um den Aufwand gering zu halten, werden alle Tage in einem Monat als gleich angenommen, jedoch die Monate unterschiedlich. So wird bspw. angenommen, dass an jedem Tag das Elektrofahrzeug zu einer bestimmten Zeit geladen wird, jedoch die Wärmepumpe nur in den Wintermonaten und dann nur zwischen beispielsweise 6 und 22 Uhr läuft. Details werden an einem konkreten Beispiel vorgestellt.

 

Beispiel

Im Folgenden soll ein Beispiel Vorgehen und Ergebnis illustrieren: Ein Eigenheim mit 4 Personen verbraucht 3600kWh Strom im Jahr, vor allem in den Abendstunden. Dazu kommt eine Wärmepumpe, die tagsüber das Haus heizt und warmes Wasser bereitet. Diese verbraucht ca. 5,kWh pro Tag für warmes Wasser im ganzen Jahr und 16kWh für die Heizung im Winter (macht ca. 50kWh Wärmeenergie am Tag). Zudem wird ein Elektroauto täglich am späten Nachmittag geladen und im Jahr ca. 20.000km bewegt. In Abbildung 1 ist der Verlauf des Verbrauchs für jeweils einen Tag in den 12 Monaten gezeigt. Deutlich ist der erhöhte Verbrauch im Winter und in den Abendstunden zu erkennen.

Die Solaranlage kann aus verschiedenen Strings aufgebaut werden, die unterschiedlich ausgerichtet sind. Z. B. auf einem Flachdach eine Ost-West-Ausrichtung, eine Überdachung einer Dachterrasse nach Süden, an Süd-, Ost- und Westfassade verschiedene Möglichkeiten und Höhen von vertikalen Solarmodulen. Die Kosten der Strings sind unterschiedlich, ebenso wie sie teilweise von der umgebenden Bebauung verschattet sein können. Details sprengen hier den Rahmen des Beispiels. Zudem ist eine Batterie vorhanden und werden Beschaffungskosten von 0,4€/ kWh (sehr hoch) und Einspeisevergütungen von 0,07€/kWh angenommen. Es wird im Modelljahr 2020 gerechnet.

 

In Abbildung 3 ist der Jahresverlauf der Energieflüsse gezeigt. Man sieht die hohe Erzeugung (grün) der elektrischen Energie im Sommer (Tage 100 bis ca. 250) und daraus resultierend die hohe Einspeisung (orange). Während im Winter viel Energie zugekauft werden muss (blau). In violett/ rosa und braun sind die Füllstände der Batterie zu sehen. Der dargestellt Fall ist der Fall, der als kostenoptimal ermittelt wurde.

Die optimale Anlage wird schrittweise bestimmt, indem jeweils für 1000 € erhöhte Investitionssumme ermittelt wird, welcher Anteil der Anlage (welcher Solarstring oder die Batterie) die größte Kostenersparnis bringt. Dieser Teil der Anlage wird dann zugebaut. So ergibt sich ein Verlauf, dessen Maximum dann empfohlen wird (Abbildung 4 und Abbildung 5). Hier erkennt man in der Kostenersparnis ein lang gestrecktes Maximum, etwas mehr Investition bewirkt eine kleinere Anlage, aber kaum weniger Ersparnis und eine etwas vergrößerte Anlage kostet auf Sicht von hier 20 Jahren in der Summe auch nicht viel mehr. Es ergibt sich ein Autarkiegrad von ca. 66% am Maximum, der auch bei höherer Investition nur noch langsam steigt. Der sägezahnförmige Verlauf in der Einspeisungskurve in Abbildung 4 wird von der immer wieder schrittweise vergrößerter Batterie erzeugt und zeigt, dass ein Zubau von PV-Modulen zunächst zu mehr Überschuss, mit einer größeren Batterie dann aber auch zu mehr Eigennutzung führt.


In Tabelle 1 ist das Ergebnis der beispielhaften Optimierung gezeigt. Insgesamt sind acht Strings und eine Batterie möglich. Es ist zu sehen, dass zwei Strings (Südfassade unten und Westfassade unten) nur teilweise oder gar nicht aufgebaut werden sollen, weil die nicht mehr entsprechend ihrer Kosten Ersparnisse bringen. Insgesamt ist eine Anlage von ca. 15,5 kWp mit einer Batterie von 23,33 kWh Kapazität hier optimal. Details zu den Kosten wurden hier weggelassen, da aus diese einer individuellen Abschätzung und einem individuellen Angebot unterliegen. Bei konkreten akkuraten Zahlen ist eine Optimierung zu wiederholen.

Tabelle 1: Beispielergebnis

Beizeichnung

Neigung/°

Ausrichtung/°

Map P/kWp

Best P/Kwp  

Südfassade oben

90

-10

2,05

2,05

Überdach Süd

10

-10

3,84

3,84

Südfassade unten

90

-10

2,05

0,00

Flachdach Ost

15

-100

2,46

2,46

Flachdach West

15

80

2,46

2,46

Ostfassade oben

90

-100

2,46

2,46

Westfassade oben

90

80

4,46

2,46

Westfassade unten

90

80

2,46

2,22

Solaranlage Gesamt

 

 

20,24

15,49

Batterie (kWh)

 

 

50,00

23,33

 

Zusammenfassung und Ausblick

Es wurde eine Methode implementiert, Investitionen für komplexe Solaranlagen optimal zu planen. Vor allem Beschaffungskosten und Einspeisevergütungen sowie der individuelle Verbrauch wurden berücksichtigt. Im Ergebnis ist zu sehen, dass eine solche Solaranlage trotz einer Investition von 37000 € über 30000 € bei einer Laufzeit von 20 Jahre einsparen kann, und danach kann die Anlage noch weiter verwendet werden. Nicht berücksichtigt sind Zinsen und andere Finanzierungskosten.

Als Erweiterung muss nun der Betrieb der Anlage optimiert werden, wozu intelligente Vorhersagewerkzeuge und Steuerungen zu entwickeln sind. Weiterhin wurden Untersuchungen zur Kombination von Photovoltaik mit Windkraft begonnen. Wobei dieses für den Heimmarkt kaum eine Rolle spielt, da Wind in Wohngebieten typischerweise nur sehr schwer nutzbar ist. Daher wurden eher große Anlagen betrachtet und deren Verteilung mittels künstlicher Intelligenz optimiert.

Kontakt

Prof. Dr.-Ing. Gerald Oberschmidt
DHBW Karlsruhe
oberschmidtnoSpam@dhbw-kalsruhe.de