Sinfonieorchester an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Karlsruhe - 4. Karlsruher PROMS: Standing Ovations von Mozart bis Morricone

Wenn es die Besucher im Konzerthaus nicht mehr auf den Sitzen hält, ist PROMS-Zeit. Das war auch dieses Mal so, bei der inzwischen vierten Auflage des besonderen Sommer-Highlights in Karlsruhe. "Von Mozart bis Morricone" führte dieses Mal die musikalische Route, geplant und bereist vom Sinfonieorchester an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Karlsruhe, proVocal Münzesheim, dem Badischen JugendChor und den VOCALmen Malsch. "Magische Momente des Staunens und Entdeckens" wurden dem Publikum in Aussicht gestellt, und die annähernd 200 Mitwirkenden unter der souveränen Leitung von Matthias Böhringer, Dirigent aller beteiligten Ensembles, lieferten eindrucksvoll.

Wie bei den bisherigen Karlsruher PROMS setzte im ersten Teil die Klassik die Schwerpunkte. Den festlichen Auftakt bildete der erste Satz aus Mozarts "Jupiter-Sinfonie", gefolgt vom "Priesterchor" aus der "Zauberflöte", erhaben intoniert von den Männerstimmen. In die italienische Oper führte anschließend ein Verdi-Block. Größere Kontraste in musikalischen Stimmungen als bei den beiden Nummern aus "La Traviata" sind wohl kaum denkbar. Zunächst erzeugte das Vorspiel zum dritten Akt Verzweiflung und Todesahnung, wobei dem Orchester in Sachen Emotionalität alles abverlangt wurde. Das anschließende bekannte "Libiamo-Trinklied" breitete dagegen höchsten Überschwang und Lebensfreude im Saal aus. Hierbei zeigten die Solisten Flurina Stucki (Sopran) und Yiwei Xu (Tenor) nicht zum letzten Mal an diesem Abend eine ideale Kombination aus großer Stimme und ebenso großer Bühnenpräsenz. Monumentaler Klang füllte anschließend beim dramatischen Eröffnungschor "Gli arredi festivi" aus der Oper "Nabucco" das Konzerthaus.

Mit der romatisch gefärbten Titelmusik aus dem Film "Ladies in Lavender" des Briten Nigel Hess hatte die junge Solo-Violinistin Soo-Jin Hirsch ihren ersten, vom Publikum begeistert aufgenommenen Auftritt. Den Schluss des ersten Konzertteils bildete eine echte Rarität: "Towards the Unknown Region" ist ein monumentales Chor- und Orchesterstück des englischen Komponisten Ralph Vaughan Williams aus dem Jahr 1906. Der auf Versen von Walt Whitman basierende Text handelt vom Menschen in der extremen, existenziellen Situation der Begegnung mit dem Unbekannten, wofür es keinerlei Orientierung und Vorerfahrung gibt. Die romantisch gefärbte, aber schon deutlich in die Moderne vorausweisende Musik lebt von großen Kontrasten in Harmonie und Dynamik. Die Intensität, mit der Chor und Orchester sich dieser Herausforderung annahmen, riss das Publikum mit.

Auch beim Auftakt zum zweiten Teil war der Jupiter das Thema, dieses Mal als Namensgeber des vierten Satzes aus "Die Planeten" von Gustav Holst. In der vor rhythmischen Einfällen nur so sprühenden Musik macht der Planet seinem Beinamen als "Freudenbringer" alle Ehre, während sich in der eingefügten Melodie des Liedes "I Vow to Thee, My Country" das typische englische Pathos einstellte, das zu jeder Proms-Aufführung dazugehört.

Weiter ging es in der Welt der Filmmusik. "Tara's Theme" von Max Steiner aus dem Allzeitklassiker "Vom Winde verweht" machte den Anfang und signalisierte dem Publikum, dass jetzt die Zeit für große Gefühle gekommen war. Die gab es in der anschließenden Darbietung der Chöre auf ganz ungewohnte Weise. Die Sängerinnen und Sänger interpretierten die Melancholie des bekannten Tangos "Adiós Nonino" von Astor Piazolla a cappella, wobei die unterschiedlichen rhythmischen Schichten des Stückes lautmalerisch ausgedrückt wurden. Ein besonderes Arrangement, das die Besucher mit viel Beifall bedachten. Dem dritten Gesangssolisten des Abends, Bariton Marcel Brunner, gehörte dann bei Gershwins "Slap that Bass" die Bühne, und er brillierte mit starker Stimme und lässigem Swing, dem sich auch das auf den Punkt begleitende Orchester hingab. Weiter ging es mit dem Kontrast zwischen wilder Lebensfreude und existenzieller Angst, der in Fellinis Filmklassiker "La Dolce Vita" ausgearbeitet wird. Die kongeniale Musik von Nino Rota fasziniert durch stimmungsvolle Klanschattierungen und außergewöhnliche Rhythmik. Auch dieser Spagat gelang dem Orchester überzeugend. Im Duett mit Flurina Stucki zeigte Marcel Brunner anschließend ganz großes Kino beim Liebesthema "Your Love" aus dem Italowestern-Monument "Spiel mir das Lied vom Tod". Als Endpunkt des diesjährigen PROMS-Mottos widmeten die Akteure dem Komponisten Ennio Morricone mit "Se", dem Titellied aus "Cinema Paradiso" ein weiteres Highlight im Programm, bei dem Flurina Stucki, Yiwei Xu und Soo-Jin Hirsch die solistischen Glanzpunkte in einem Arrangement setzten, das in Deutschland erstmals aufgeführt wurde. Am Schluss des offiziellen Teils stand mit dem Song "Let There Be Peace on Earth" eine Botschaft, die im Angesicht von Krieg, Terror, Flucht und Vertreibung leider nichts an Aktualität verloren hat, aber dennoch hoffnungsfroh stimmt. Mit "Music"von John Miles als Zugabe verabschiedeten sich die Beteiligten vom restlos begeisterten Publikum.